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Teil
3
Die Haltung der Bogenhand und des Bogenarmes
Wie
bereits im vorherigen Kapitel erwähnt, sollte der Recurve- bzw. der
Compoundbogen mit einer geraden, gestreckten Bogenhand und einem
ausgestreckten Bogenarm geschossen werden. Der Grund dafür ist, daß wir
beim "instinktiven Schießen" mit der Bogenhand auf unser zu
treffendes Ziel zeigen. Und wie jeder für sich selbst nachvollziehen
kann, werden beim Zeigen auf einen Gegenstand die Hand und der Arm
unterbewußt ganz ausgestreckt. ( Bild 1) Der Zeigefinger, der
Handrücken und der Arm liegen dabei auf einer Linie. Halten wir nun den
Bogen in dieser geraden, gestreckten Hand- bzw. Armstellung, sehen wir, daß
der Pfeil parallel zur Hand und zum Bogenarm liegt und deshalb in die
gleiche Richtung zeigt wie diese. Wenn jetzt noch der Pfeil sehr dicht über
der Hand auf dem "shelf" liegt, ersparen wir unserem Gehirn jede
Menge Umrechnungsarbeit. (Bild 2)
Viele
werden sich jetzt fragen, wie gerade und gestreckt muß die Hand und der
Arm eigentlich sein?
Da alle Bögen im Griffbereich unterschiedlich gearbeitet sind gibt es
keine "Universalstellung" der Hand, die bei allen Griffstücken
gleichermaßen paßt. Jeder sollte für sich selbst, abhängig von seinem
Griffstück, festlegen wie gerade und gestreckt sein Arm und seine Hand
sein müssen um noch möglichst bequem den Bogen halten zu können.
Diese Stellung muß auf jeden Fall von Schuß zu Schuß duplizierbar sein,
da sonst mit jeder veränderten Handstellung sich auch die Trefferlage ändert.
Um möglichst die
gleiche Hand- und Armstellung bei jedem Schuß zu bekommen, gehe ich
folgendermaßen vor:
Der Bogenarm, die Hand und alle Finger werden voll ausgestreckt. Der
Daumen ist von der Hand abgespreitzt. Nun ziehe ich den Bogen in die V-förmige
Nische zwischen Daumen und Zeigefinger. Dazu gebe ich mit der Zughand
etwas Spannung auf die Sehne und lasse die Bogenhand in die tiefste Stelle
des Griffes rutschen. Danach klappe ich den kleinen Finger und den
Ringfinger der Bogenhand nach unten um, so daß die Fingerkuppen die
Handfläche berühren. Die Hand wird etwas nach außen gedreht und Zeige-,
Mittelfinger und Daumen an das Griffstück geklappt.
Mein Daumen liegt dabei tiefer als der Zeigefinger, was einer auf etwas
zeigenden Hand sehr nahe kommt.
Wie bereits erwähnt ist diese Handstellung jedoch nicht mit jedem Bogen
realisierbar. Man sollte deshalb die Handstellung der Form seines Griffes
oder umgekehrt die Grifform der Handstellung anpassen und dementsprechend
nacharbeiten. Letzteres sollte man allerdings nur dann machen, wenn man
sicher ist die für sich richtige Handstellung gefunden zu haben, bzw. der
Griff sich unbequem anfühlt. (Garantiebestimmungen des Bogenherstellers
beachten.)
Ein Bogen der mit einem Bogenköcher geschossen wird hat die Tendenz sich
nach dem Abschuß in der Hand zu drehen und damit den Pfeilflug zu
beeinflußen.
Der nach unten abgeklappte Ringfinger und der kleine Finger fungieren in
dieser Handstellung deshalb als seitliche Führung des Griffstückes und
helfen somit eine Rotation des Bogens nach dem Abschuß zu verhindern.
Viele
Recurvebögen sind so konstruiert, daß der tiefste Punkt des Griffes die
Mitte des Bogens bildet. Deshalb sollte hier der Druckpunkt sitzen, damit
beim Ausziehen des Bogens sich beide Wurfschenkel gleichmäßig biegen. (Bild
3) Es gibt jedoch auch Recurve- und Compoundbogen bei denen der
tiefste Punkt des Griffes außerhalb der Bogenmitte sitzt. Diese sind dann
fast immer so konzipiert, daß der Bogen am besten schießt, wenn der
tiefste Punkt als Druckpunkt benutzt wird.
Bei der oben beschriebenen Handstellung liegt nur das Daumengrundgelenk
auf diesem Druckpunkt auf und durch die gestreckte Hand ist dieser auf
eine sehr kleine Fläche begrenzt. Dadurch ist es einfacher bei jedem Schuß
den gleichen Punkt wiederzufinden und somit die Schußgenauigkeit zu erhöhen.
Der Nachteil einer gestreckten Haltung der Bogenhand besteht darin, daß
man vom Zuggewicht nach oben hin begrenzt ist.
Jeder der das erste Mal probiert mit einer gestreckten Bogenhand zu schießen,
wird merken, daß sich das Handgelenk etwas schwach anfühlt. Man ist dann
versucht die Hand im Gelenk nach unten abzukippen und den Griff auf dem
Daumenballen und einem Teil der Handfläche abzustützen.
Mit etwas Training kann man sich jedoch verhältnismäßig schnell an die
gestreckte Handhaltung gewöhnen und das schwächliche Gefühl im
Handgelenk verschwindet. Das Abkippen der Hand passiert auch dem Schützen,
der normalerweise mit gestreckter Hand schießt, wenn er müde oder kalt
wird. Das Hinterhältige dabei ist, man kippt die Hand nicht schlagartig
ab, sondern mit jedem Schuß ein bißchen mehr. Dieser Vorgang geht sehr
langsam und unbemerkt vor sich. Irgendwann trifft man dann nicht mehr und
findet auch keine Erklärung dafür. Wie man sieht ist dieses Problem auch
dem Autor nicht unbekannt.
Was sind die Nachteile einer abgekippten Handstellung beim Recurve- bzw.
Compoundbogen? Wenn wir uns die Handstellung, bei der die Hand im Gelenk
nach unten gekippt ist, näher ansehen können wir folgendes feststellen:
Der
Bogenarm, die Hand und der Pfeil zeigen in unterschiedliche Richtungen. (Bild
4) Diese Konstellation erfordert von unserem Gehirn jede Menge
Umrechnungen, um den Pfeil dann doch in Richtung des Zieles fliegen zu
lassen, auf das wir uns konzentrieren. Aber das wäre für unser Gehirn
nichts Unmögliches. Doch durch die Hand, die mit dem gesamten
Daumenballen und einem Stück der Handfläche auf dem Griff aufliegt,
verlagern wir den Druckpunkt von der Bogenmitte nach unten. Durch diese
Verschiebung verlängern wir quasi den oberen Wurfschenkel und machen ihn
damit schwächer. Der untere Wurfschenkel wird kürzer und damit stärker.
Dadurch biegen sich die Wurfschenkel unterschiedlich und der Pfeil wird
nicht mehr gleichmäßig beschleunigt. Bedingt
durch die große Auflagefläche der Hand auf dem Griffstück fällt es außerdem
schwer den Druckpunkt bei jedem Schuß genau zu duplizieren. Deshalb
verschiebt sich der Druckpunkt mal nach oben oder mal nach unten, was zu
einer höheren bzw. tieferen Trefferlage führt. Auch habe ich schon oft
beobachtet, daß Schützen, mit dieser Handstellung, ihrem Bogen durch
Druck mit dem Daumenballen einen "Kick" nach unten gegeben
haben. Der Pfeil bekommt damit beim Verlassen des Griffstückes einen
Schlag, fängt an zu "schwänzeln" und trifft nicht da wo er
soll.
Zusammenfassend möchte ich sagen, daß ich die gestreckte Stellung der
Bogenhand und des Bogenarmes beim "instinktiven Schießen"
bevorzuge und diese auch aus den oben genannten Gründen empfehle.
Wer jedoch mit der gestreckten Haltung der Bogenhand Probleme hat, weil er
dadurch z.B. seinen Bogen nicht mehr ziehen kann oder diese Haltung für
ihn zu unbequem ist, sollte folgendes versuchen:
Die Hand im Gelenk nach unten abkippen, bis ein ganz leichter Kontakt des
Daumenballens auf dem Griffstück zustande kommt. In dieser Stellung
jedoch darauf achten, daß der gesamte Druck des Griffstückes vom
Daumengrundgelenk oder von der Hautfalte direkt daneben aufgenommen wird,
sodaß der Druckpunkt auch weiterhin auf dem tiefsten Punkt des Griffes
liegt.
Im nächsten Teil geht es weiter mit den gebräuchlichsten Auszugsmethoden.
©
R.Blacky Schwarz
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