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Teil
4
Die gebräuchlichsten Methoden den Bogen
auszuziehen
Im diesem Teil möchte
ich die verschiedenen, gebräuchlichsten Auszugsmethoden des Bogens mit
ihren Vor- und Nachteilen beschreiben.
Auszug mit
gestrecktem,"steifem" Arm:
Bei dieser Methode wird der Bogen mit gerader, gestreckter Hand und
ausgestrecktem, "steifem" Arm ausgezogen. Zu Beginn des Auszuges
liegt die gestreckte Bogenhand mit dem Bogen auf dem Oberschenkel auf. Der
Bogen liegt dabei mit dem tiefsten Punkt des Griffstückes in der
Hautfalte zwischen dem Zeigefinger und dem Daumen. Der Bogenarm ist voll
ausgestreckt. ( Bild 1) Die Zughand, die sich am Anfang des Auszuges etwa in Höhe
des Bauches befindet, beginnt dann den Bogen zu spannen. Während der
Auszugsbewegung hebt sich der gestreckte Bogenarm nach oben. Sobald der
Bogenarm die richtige Höhe erreicht hat, wird die Aufwärtsbewegung vom
Gehirn gestoppt. Dabei sollte bei richtigem "Timing" die Zughand
fast am Ankerpunkt angelangt sein. Die Zughand vervollständigt den Auszug
und löst die Sehne sobald sie den Ankerpunkt erreicht hat.
Die Vorteile dieser Auszugsmethode liegen darin, daß der Pfeil, die Hand
und der Arm schon von Beginn des Auszuges an auf der gleichen Linie liegen
und somit dem Gehirn jede Menge Umrechnungsarbeit ersparen.
Außerdem ist der Pfeil erst im letzten Augenblick vor dem Lösen sichtbar
und kann deshalb nicht vom Gehirn als Zielhilfe genutzt werden. Das
bedeutet, das Gehirn kann sich kein Ziel- oder Referenzsystem aufbauen und
muß den Bogenarm rein "instinktiv", nach vorheriger
Konzentration auf das Ziel, steuern. Aus diesen Gründen ist der Auszug mit dem "steifen" Bogenarm
die von mir bevorzugte Art den Bogen zu spannen.
Der Nachteil dieser Art des Ausziehens kommt eigentlich nur bei der
Bogenjagd zum tragen, wo entweder nicht ausreichend freier Platz vorhanden
ist um den gestreckten Bogenarm nach oben zu bewegen, oder aber diese
Bewegung vom Wild entdeckt werden kann. Zur Vermeidung durch Bewegung
entdeckt zu werden, hebe ich dann den Bogenarm fast in Zeitlupe nach oben
und beginne erst etwas später als üblich mit der Auszugsphase um meinen
Standort nicht durch schnelle Bewegungen preiszugeben. Wenn Hindernisse
die Aufwärtsbewegung des Bogenarmes behindern sollten, klappe ich den Arm
ein, hebe den Bogenarm über das Hindernis hinweg und beginne ab diesem
Punkt den Auszug mit gestrecktem Bogenarm. Wer auf die Jagd geht, sollte auf jeden Fall alle möglichen
Komplikationen vorher üben, die von der normalen, im Unterbewußtsein
gespeicherten, Auszugsbewegung abweichen.
Auszug mit der "Push-Pull"
(Druck-Zug) Methode
Diese Art des Auszuges wurde auch vom legendären Fred Bear bevorzugt und
populär gemacht.
Zu Beginn der Auszugsbewegung liegen der Bogen- und der Zugarm mehr oder
weniger angewinkelt am Oberkörper an und der Bogen befindet sich somit
dicht vorm Körper. ( Bild 2 )
Beim Auszug wird
dann der Bogen mit dem Bogenarm vom Körper weggedrückt ("push")
und der Zugarm zieht die Sehne simultan in Richtung Ankerpunkt
("pull"). Bei gutem Timing ist dann der Bogenarm ausgestreckt
und zeigt auf das Ziel, wenn die Zughand den Ankerpunkt berührt.
Die Vorteile dieses Bewegungsablaufes sind eindeutig bei der Bogenjagd zu
finden, da man dafür nur sehr wenig Freiraum braucht und somit dichter an
einer Deckung stehen kann. Auch können die Bewegungen langsam ausgeführt
werden und sind daher vom Wild schwer auszumachen.
Die Nachteile bei dieser Auszugs-Methode sind aus meiner Sicht folgende: Bedingt durch die Vorwärtsbewegung des Bogenarms, zu Beginn des Auszuges,
fällt es schwer, bei vollem Auszug, die Schulter immer in Richtung des
Zieles zeigen zu lassen. Bei meinen Versuchen mit der "Push-Pull"
Methode konnte ich meine Pfeile auf der Scheibe nur sehr selten dicht
gruppieren. Mir war als würde meine Schulter bei vollem Auszug nie
zweimal in genau die gleiche Richtung zeigen. Außerdem hat die Bogenhand, bedingt durch den angewinkelten Bogenarm, die
Tendenz sich mit der Handfläche auf das Griffstück abzuklappen, weil das
bei dieser Armstellung einfach bequemer ist. Beim Ausstrecken des
Bogenarmes verbleibt die Hand meist in dieser Stellung und verschiebt
somit den Druckpunkt im Griffstück nach unten, was meist zu
unterschiedlichem Pfeilflug führt.
Auszug mit gestrecktem,"auf
das Ziel zeigendem" Arm
Bei dieser
Methode ist der Bogenarm und die Bogenhand zu Beginn der Auszugsbewegung
ebenfalls ganz ausgestreckt. Im Gegensatz zum Auszug mit
"steifem" Arm, zeigt der Bogenarm allerdings von Beginn an in
Richtung Ziel.
( Bild 3 ) Die Zughand zieht die Sehne in Richtung Ankerpunkt und löst,
sobald sie diesen erreicht. Dabei wird die Höhe des Bogenarmes bereits zu
Beginn der Auszugsbewegung vom Gehirn bestimmt und während der
Bewegungsphase der Zughand fast nicht mehr korrigiert.
Die Vorteile dieser Auszugsart kommen, wie auch bei der "Push-Pull"
Methode, vorwiegend bei der Bogenjagd zum tragen. Bedingt durch den in
Richtung Ziel ausgesteckten Bogenarm ist der Platzbedarf sehr gering. Man
kann deshalb auch problemlos durch Öffnungen in seiner Deckung schießen.
Außerdem wird die Bewegung beim Auszug auf ein Minimum reduziert.
Als einzigen Nachteil dieser Methode empfinde ich, daß der Pfeil während
des gesamten Auszuges sichtbar ist. Für das Gehirn ist es somit sehr
einfach sich ein Referenzsystem anhand des Pfeils oder der Pfeilspitze zu
erstellen, um danach den Bogenarm zu korrigieren.
Auch wenn wir den Pfeil bzw. die Pfeilspitze nicht bewußt zum Zielen
benutzen, können wir es kaum verhindern, daß unser Gehirn sich damit
unterbewußt ein Referenzsystem bildet und somit vom reinen
"instinktiven" Schießen abkommt.
Der Übergang
vom Auszug mit "steifem" Arm und der dazugehörenden Aufwärtsbewegung
des Bogenarms bis zum Auszug mit gestrecktem Arm, bei dem der Bogenarm
bereits auf das Ziel zeigt, ist fließend und kann sich im Laufe der Zeit
fast unbemerkt vollziehen.
Als ich anfing mir das "instinktive" Schießen anhand der Bücher
"Instinctive Shooting I und II" von G. Fred Asbell selbst
beizubringen, benutzte ich nur die Auszugsmethode mit "steifem"
Arm. Es dauerte zwar eine ganze Weile, aber nach einiger Zeit konnte ich
meine Ziele "instinktiv" treffen. Dann fing ich an für die
Jagd, während meines USA-Urlaubes, zu trainieren. Dabei bewegte ich den
Bogenarm sehr langsam nach oben und begann die Auszugsbewegung mit der
Zughand etwas später. Dadurch konnte ich den Pfeil unterbewußt
wahrnehmen und mein Gehirn bildete sich daraus für mich unbemerkt ein
Referenzsystem. Die Aufwärtsbewegung des Bogenarmes begann dann nach
einiger Zeit nicht mehr vom Oberschenkel aus, sondern erst kurz vor dem
Ziel, somit war der Pfeil für mich immer unterbewußt sichtbar. Beim
Training in meiner Garage, wo ich bei ausgeschaltetem Licht versuchte eine
erhellte Leuchtdiode zu treffen, fiel mir auf, daß meine Pfeile auf dem
Holzwolleballen streuten "wie eine Schrotflinte". Es war mir
nicht möglich die Leuchtdiode zu treffen, obwohl ich damit vorher keine
Probleme hatte. Das Referenzsystem, das sich mein Gehirn, für mich
unbemerkt, gebildet hatte, war in der Dunkelheit wertlos geworden. Nach dieser Erkenntnis und anschließendem Training nach meiner alten
Methode mit "steifem" Arm, konnte ich auch die Leuchtdiode
wieder treffen.
Bei den vorher beschriebenen Methoden den Bogen auszuziehen habe ich mich
natürlich auf die populärsten beschränkt. Sie funktionieren natürlich
alle für das "instinktive" Schießen. Die von mir genannten
Vor- bzw. Nachteile sind rein subjektiv und können deshalb von anderen
Schützen unterschiedlich empfunden und gewertet werden. Wahrscheinlich
gibt es auch Methoden den Bogen auszuziehen, die entweder Abwandlungen der
voher genannten sind, oder total von diesen abweichen. Es ist also
empfehlenswert alle möglichen Methoden auszuprobieren und die für sich
richtige herauszufinden.
Wie schon in vorherigen Kapiteln erwähnt, finde ich jedoch die Methode
mit der gestreckten Bogenhand, gestrecktem Bogenarm und nicht sichtbarem
Pfeil, als die einfachste um "instinktives" Bogenschießen ohne
Ziel- oder Referenzsystem zu erlernen.
Der nächste Teil wird das Greifen der Sehne und die Stellung der Zughand
zum Thema haben.
©
R.Blacky Schwarz
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